Keine Fremd-DNA, kein Risiko
Eine wahre Geschichte: ein grosser amerikanischer Hersteller von molekulardiagnostischen sample-in / result-out Tests macht sich auf die Suche.
Woher kommen die vielen falsch Positiven aus der manuellen Fertigung? Nicht alle Tests zeigen diesen Fehler. Und sie stammen nicht nur aus einer einzigen Charge. Es ist kein offensichtliches Muster erkennbar. Scheinbar willkürlich treten immer wieder falsch Positive auf. Was also ist schiefgelaufen?
Wie zunächst üblich, werden Batch-Reports herangezogen. Ein engmaschiges Tracing wird eingesetzt. Die Bediener werden befragt, ob ihnen etwas aufgefallen ist. Jeder Bediener muss einen Fragebogen ausfüllen, in dem verschiedenste Fragen beantwortet werden müssen. So hat die Detektivarbeit bald ihre erste Spur: Die falsch Positiven kommen aus Schichten, bei denen Raucher mit den Produkten in Berührung kamen. Dabei fällt auf, dass es nicht nur ein einziger Raucher ist, dessen Anwesenheit die Testergebnisse verfälscht hat.
Woran also lag es aber genau, dass so viele falsch Positive auftraten?
Schuld war der Tabak in der Zigarette eines bestimmten Herstellers. Noch präziser: das Düngemittel der Tabakpflanze, was aus Rindermist gewonnen wird. Rinder besitzen in ihrem Verdauungstrakt Bakterien, die im Menschen pathogen sind. Auf diese haben die PCR-Tests hin gesucht und gefunden. Nachdem die Tabakpflanze getrocknet, zerkleinert, geraucht und der Rauch in die Lungen der Bediener gelangt war, haben sich kleinste Mengen der fremden DNA über den Atem der Bediener auf die PCR-Tests abgesetzt und somit die Testergebnisse verfälscht. Zufällige falsch Positive waren die Folge.
Bei einem anderen Hersteller ist etwas Ähnliches vorgefallen. Dort konnte man aber die Ursache nicht zurückverfolgen. Die Konsequenz? Der Bau eines komplett neuen Gebäudes, neuer Maschinen und Abläufe. Marktanteile gingen verloren, ein riesiges Loch in der Firmenkasse ist entstanden, nicht zu reden vom enormen Imageverlust. Das kann in der IVD-Welt dramatische Konsequenzen haben.
Ohne Handarbeit zum reinen Ergebnis
Die häufigste Quelle für falsch Positiven in der In Vitro Diagnostika sind Verunreinigungen. Vor allem die sensitiven PCR Tests sind hier anfällig. Denn das Verfahren der Polymerase Chain Reaction (PCR) zielt ja gerade darauf ab, kleinste Spuren von DNA/ RNA zu vergrössern. So werden sie detektierbar. Vermehrt wird mit dieser Methode allerdings nicht nur das Erbgut in der Probe, – sondern auch fremde DNA oder RNA erkannt.
Klar ist also: Tests für die Molekulardiagnostik sollten durch wenige Hände gehen. Möglichst gar keine Hände. In der Produktion sollten Hersteller darum auf grösstmögliche Automation setzen. So kann der Kontakt zwischen dem Produkt und dem Bediener effektiv vermieden werden – und im Idealfall ganz verhindert werden.
Heute stammt noch immer ein Grossteil der Point-of-Care Diagnostika aus einer Kleinserienfertigung mit meist manuellen oder semi-manuellen Prozessschritten. PoC-Produkte weisen meist ein proprietäres Design auf. Die automatisierte Herstellung solcher Produkte ist nicht einfach, schon gar nicht, wenn man die hohen Anforderungen der Molekular- oder Immunodiagnostik berücksichtigt.
Unterschiedliche Ansprüche an die Molekulardiagnostik
Für einfache Tests ist eine industrielle Skalierung heute bereits weit verbreitet. Die Ag- oder Ak-Tests (Schnell- und Selbsttests) kosten in der Herstellung pro Stück nur wenig und sie werden millionenfach produziert. Es hat sich eine Lieferkette etabliert, welche diesen speziellen Formfaktor (Lateral flow Technologie) abbilden kann. Es werden dedizierte Lösungen entwickelt. Man skaliert. Die Kosten sinken.
Anders sieht es mit den neueren PoC-Tests aus, bei denen die üblichen Test-Prozessschritte alle in einer Kartusche zusammengefasst werden. Diese Tests sind komplex im Design als auch in der Herstellung und kosten dementsprechend mehr. Der Vorteil? Sensitive sowie präzise Diagnosen.
Für die Herstellung dieser PoC-Tests hat dies gewichtige Konsequenzen. Allen voran steht die Patientensicherheit. Diese besteht bei Diagnostika darin, die Diagnose mit einer möglichst hohen Sensitivität und Präzision sicherzustellen. Eine falsche Diagnose kann geringe Folgen haben, wie z.B. eine Quarantäne, die nicht gerechtfertigt ist. Oder aber auch gravierendere Folgen haben, z.B. eine Behandlung, die nicht geboten wäre. Das darf nicht sein.
Clean by Design
Je nach Anforderungen müssen bestimmte Risiken bei der Herstellung der Produkte ausgeschlossen werden. Die Stufe „wipe-clean“ ist typisch bei Anwendungen in der klinischen Chemie oder in der Immunodiagnostik (IDx). Für die Molekulardiagnostik (MDx) wurde das Finish „DNA-clean“ entwickelt.
Wir haben bei der Entwicklung beider Standards einen holistischen Ansatz verfolgt. So wurden Aspekte vom Design der Maschine bis hin zur operativen Einbettung in die Herstellprozesse beim Kunden berücksichtigt. Daraus ist eine Sprache entstanden, die spezifisch für die Anforderungen im Bereich der Herstellung von CE-konformen IVD Produkten optimiert wurde. Jeder Phase im Entwicklungsprozess, im Sourcing, bei der Montage, Transport und vor allem später in der Nutzungsphase der Anlage wurde Rechnung getragen, mit dem Fokus die Patientensicherheit auf ein neues Level anzuheben.
Im Entwicklungsprozess haben wir den Fokus auf das Verständnis der jeweiligen IVD-Tests gelegt. In der IDx geht es dabei oft um Kreuzkontamination. Innerhalb einer Charge, aber auch zwischen Chargen. In der MDx hingegen geht es um DNA/ RNA und dessen physikalischen und chemischen Eigenschaften. DNA ist eine sehr kleine Struktur, die sich in noch so kleine Oberflächenstrukturen versteckt. Dies gilt es zu vermeiden. In der Montage ist es vor allem wichtig, dass die mühsam behandelten Oberflächen der Anlage im Produktraum nicht versehentlich beschädigt werden. Ein schwieriges Unterfangen, wenn ganze, vormontierte Prozessmodule mit dem Kran in die Maschine gehoben werden müssen.
Die Nutzungsphase ist die wohl kritischste Phase was das Kontaminationsrisiko der Tests angeht. Das grösste Risiko geht hier ganz klar vom Bediener aus. Ein hoher Automationsgrad aber vor allem auch der störungsfreie Betrieb der Maschine standen ganz weit oben im Lastenheft. RABS für Verbrauchsmaterialien, LAF und die strikte Segregation von Antriebsraum und Prozessraum rundem das Ganze ab.
Oft werden die verschiedenen Herstellungsschritte auf mehrere Anlagen aufgeteilt. So wird beispielsweise das Produkt auf Anlage Nr. 1 zunächst teilassembliert und mit Reagenzien gefüllt. Es folgt ein Lyophilisationsprozess auf Anlage Nr. 2. Anlage Nr. 3 dient dann dazu das Produkt fertig zu assemblieren und zu verschliessen. Auch wenn jede einzelne Anlage in sich sicher ist, bleibt das Risiko der Bewegung der Produkte von einer Anlage zur nächsten. Auch hierfür haben wir Lösungen, bei denen das Kontaminationsrisiko (meist ausgehend vom Bedienpersonal) minimiert wird.
Verunreinigungen Rückstandsfrei entfernen
Bei der Polymerase-Kettenreaktion werden tausende Kopien aller DNA/ RNA Stränge erstellt, die in der Probe enthalten waren oder sich fälschlicherweise im Test-kit befinden. Ob tot oder lebendig spielt dabei keine grosse Rolle. Für unsere Maschinen hat das grosse Auswirkungen. Fremde DNA / RNA, die sich in der Anlage vor Produktionsbeginn befindet, muss entweder zerstört oder, noch besser, rückstandsfrei entfernt werden können. Die Oberflächen im Produktbereich sind deshalb so, dass sie möglichst wenig Angriffsfläche für DNA / RNA bieten, und typischerweise mit DNase, RNase, Isopropanol oder Bleichmittel gereinigt werden können. Analoge Anforderungen bestehen im Bereich der IDx.
Alle Oberflächen im Produktraum sind speziell behandelt worden, damit DNA und RNA nicht haften bleiben. Ecken und Kanten werden abgerundet. Platz zwischen den einzelnen Modulen sorgt dafür, dass überall leicht gewischt werden kann. Trotz Handschuhe. Und das betrifft nicht nur die Teile, die wir selbst herstellen, sondern auch Komponenten von Drittherstellern, die wir in unsere Maschinen integrieren. Wir arbeiten eng mit OEM-Herstellern für eine passende Designsprache zusammen.
Wipe-clean oder DNA-clean
Dies geht so weit, dass es spezifische Artikelnummern für die „wipe-clean“ und „DNA-clean“ Stufe entwickelte Designsprache gibt. Ein Aufwand, der sich lohnt: unsere Maschinen sind so einfach zu reinigen und sauber zu halten, dass die Reinigungszeiten einen nur geringen Einfluss auf die OEE haben.
Bediener tragen typischerweise eine persönliche Schutzausrüstung (PSA). Dies dient dazu das Kontaminationsrisiko durch den Bediener zu minimieren. Wer einen dieser Anzüge schon mal gesehen oder selbst anhatte weiss, wie sehr diese die Bewegungsfreiheit und Sicht einschränken.
Keine Frage also, dass die Zugänglichkeit des Produktraums einer von Rychiger als „wipe-clean“ oder sogar „DNA-clean“ bezeichneten Maschine besondere Aufmerksamkeit geschenkt wird. Extra-breite Türen, keine die Sicht behindernden Pfosten, beidseitige Zugänglichkeit zur Maschine, oder Licht in der Maschine erleichtern es der Bedienenden Person ihre Aufgabe erfolgreich durchzuführen.